1980 nahm sein Vater Jürgen an den Olympischen Winterspielen teil, 40 Jahre später will Andreas Hofmann nachziehen. Der Speerwerfer hat für Tokio 2020 eine Medaille fest im Blick.
Viele Athleten wollen zu den Olympischen Spielen, weil sie wie magisch von den fünf Ringen angezogen werden, weil sie fasziniert sind von der Zusammenkunft von Athleten aus über 30 Sportarten aus der ganzen Welt – oder einfach, weil die Spiele das mit Abstand größte Schaufenster ihrer Disziplin sind. Bei Andreas Hofmann, 27 Jahre alter Speerwerfer aus Heidelberg, kommt noch eine andere, sehr intrinsische Motivation hinzu: Er möchte im familieninternen Wettstreit nach 40 Jahren endlich seinen Vater übertreffen.
Damals, bei den Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid, war Jürgen Hofmann als Bob-Anschieber Teil der deutschen Olympiamannschaft. Das war zwar elf Jahre vor der Geburt seines Sohnes Andreas, aber offenbar hat der Papa dem Filius genügend spannende Geschichten aus dem Olympischen Dorf erzählt, um dessen Feuer zu entfachen. Im Viererbob von Pilot Alois Schnorbus landete Jürgen Hofmann damals auf Rang zehn. „Er hat mir also nicht nur die Teilnahme, sondern auch eine Top-10-Platzierung voraus. Eines meiner Ziele ist es, ihn dahingehend zu übertrumpfen“, lacht Sohn Andreas kampfeslustig.
Die Chancen dafür stehen gut: Denn dass er bei einer Olympia-Teilnahme in Tokio auch im Finale der besten acht Athleten stehen wird, ist recht wahrscheinlich – zu gut waren zuletzt Hofmanns Weiten. Gemeinsam mit den beiden nationalen Konkurrenten Thomas Röhler, Olympiasieger 2016 und amtierender Europameister, sowie Johannes Vetter, Weltmeister 2017, sorgte er in der vergangenen Saison für 14 (!) der 15 weitesten Würfe weltweit. Gleich sechs davon stehen bei Hofmann zu Buche, er war 2018 der konstanteste Werfer und gewann auch die Gesamtwertung der Diamond League. Die Belohnung: Erstmals ist er vor Tokio 2020 Teil des ElitePlus-Programms von Sporthilfe und PwC. „Es ist eine große Ehre, hier dabei zu sein“, sagt der Sport-Student. Und eine finanzielle Erleichterung:
„Man kann ein Stück weit gelassener in die nächsten Monate starten und sich noch besser auf die Wettkämpfe und das große Ziel Tokio konzentrieren.“
Die Aufnahme in den erlesenen Zirkel hat sich Hofmann, Sporthilfe-gefördert seit 2009, über die letzten Jahre verdient. Seit 2016 hat er von den deutschen Speerwerfern die größte Entwicklung gemacht. Vor drei Jahren war er „nur“ die Nummer fünf in Deutschland. Röhlers historischen Olympiasieg – das erste deutsche Speerwurf-Gold seit Klaus Wolfermann, Mitglied der „Hall of Fame des deutschen Sports“, der 1972 in München gewann – verfolgte er lediglich als Zuschauer. Seitdem steigerte er seine Bestleistung um fast sechs Meter auf nun 92,06 m und wurde 2018 erstmals Deutscher Meister. „Natürlich kann man nicht einfach behaupten: ‚Wenn du in Deutschland weit wirfst, bist du auch international automatisch top‘“, schränkt Hofmann ein. Aber er weiß auch: „Mit den geworfenen Weiten bei den Deutschen Meisterschaften hätte man die letzten Jahre bei WMs immer Medaillen gewonnen.“
Die Weltmeisterschaft 2019 ist das Stichwort: In Katar im Oktober, ungewöhnlich spät im Jahr, will Hofmann „vorne mitmischen“, seine guten Chancen auf eine Teilnahme in Tokio untermauern. In Japan kann dann, wenn Tagesform und mentale Verfassung mitspielen, alles passieren – auch mehr als bloß die Verbesserung des innerfamiliären Olympischen Rekords. Der 1,95 Meter-Riese sagt: „Die Motivation, dort an den Start zu gehen und bestenfalls eine Medaille zu holen, ist unheimlich hoch. Und wenn du gewinnst – Olympiasieger bleibst du ein Leben lang. Das kann dir niemand mehr nehmen.“
(Veröffentlicht am 01.08.2019)