49 Eine Veränderung ihres Alltags und weitere Herausforderungen sind nun auch mit ihrem sensationellen Olympiasieg verbunden. Sponso- rentermine, Ehrungen, Fotoshootings und Interviews gehören seit den Spielen in Paris beinahe zu ihrem Tagesgeschäft. Anfangs sei es noch komisch gewesen, immer die gleichen Fragen zu beantworten. „Inzwischen empfinde ich es als Privileg, dass es so viel Interesse an meiner Geschichte gibt und ich sie mit so vielen teilen darf.“ Die nächsten Ziele hat die Athletin gemeinsam mit ihrer Trainerin bereits vor Augen: Los Angeles 2028 und die Etablierung im Kreis der absoluten Weltspitze. „Eine Weite, die ich anpeilen will, habe ich auch noch im Kopf – aber wirklich nur im Kopf.“ Sie lacht. „Vier Jahre sind lang. Es ist wichtig, gesund zu bleiben und den Spaß nicht zu verlieren.“ Doch mit dem Rückhalt ihrer Eltern, ihrer Trainerin, ihrer Kirchengemeinde und dem Gospel-Chor zeigt sie sich zuversichtlich. „Der Sport und die Musik haben mir immer Kraft gegeben. Ich weiß, das kann ich.“ Qualitäten, die sie an diesem denkwürdigen Sommer- abend des 9. August 2024 im Stade de France eindrucksvoll unter Beweis stellte. Nicht nur im Kugelstoß-Ring, sondern auch bei der anschließenden Pressekonferenz, bei der sie vor der versammelten Weltpresse den Song „I almost let go“ performte. „Danke, Coach!“ Generali und Deutsche Vermögensberatung, Nationaler Förderer der Sporthilfe, bot in 2024 allen rund 4.000 Sporthilfe-geförderten Athlet:innen die Gelegenheit, sich öffentlichkeitswirksam bei ihren Trainer:innen für deren tägliche Arbeit zu bedanken. Aus zahlreichen emotionalen und beeindruckenden Einsendungen suchte eine Jury bestehend aus Biathlon-Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick und Sebastian Dietz, Paralympicssieger im Kugelstoßen, sowie Sporthilfe- Vorständin Karin Orgeldinger vier Paare aus, die stellvertretend für alle anderen laut „Danke, Coach!“ sagen: Neben Yemisi Ogunleye mit Iris Manke-Reimers auch Freestyle-Skifahrerin Sabrina Cakmakli mit Coach Isabelle Hanssen, Para-Cycler Maximilian Jäger mit Coach Frederik Hähnel sowie Breakerin Jilwan „Jilou“ Rasul mit Coach Fatima Yazici. Video anschauen: » Die Sporthilfe war mein erster finanzieller Unterstützer. Diese Anfänge werde ich nie vergessen. der Arbeit und zu Hause. Unsere Trainer bringen ein riesiges Opfer, um für die Athletinnen und Athleten da zu sein. Dafür sollten sie eine größere Aufmerksamkeit und Dankbarkeit erhalten.“ Iris Manke-Reimers sei dabei ein „Engel“, der ihr auf ihrem Weg begegnet sei und einen Teil dazu beigetragen habe, dass sie heute die Person sein könne, die sie ist. Das sei aber nicht immer so gewesen. Insbesondere in der Schulzeit sei Mobbing ein großes Thema gewesen. Sie sei zu groß, ihre Haare sehen komisch aus, ihre Hautfarbe stimme nicht. Heute will die 26-Jährige „solcher Negativität nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken“. Vielmehr konzentriere sie sich auf die Menschen, die sie so lieben, wie sie ist. „Ich habe gelernt, mich auf das Licht in der Welt zu fokussieren. Meine Identität ist nicht davon abhängig, wo meine Eltern herkommen oder was andere über mich sagen.“ Bis sie sich eine solche Resilienz aufgebaut hat, seien aber Jahre vergangen. Ein Prozess, bei dem sie auf der Suche nach dem Sinn des Lebens zu Gott gefunden habe. Der Weg führte sie in die Kirchengemeinde der Christ Ghospel City Karlsruhe. „Damals war ich 13 oder 14 Jahre alt, super introvertiert und hatte Angst, mit Menschen zu sprechen“, beschreibt sie ihr jüngeres Ich. Heute dagegen geht sie mit offenem Herzen und einem ansteckenden Lachen durchs Leben. „Meine Kirchengemeinde hat mir dabei geholfen Stück für Stück die Pakete abzulegen, die ich mit mir herumgetragen habe. Zum ersten Mal hat es jemand geschafft, hinter die Kulissen zu schauen und zu erfahren, was in der Schule passiert.“ Die Kirche entfachte ihre Liebe zur Musik, sie lernte das Singen, Klavierspielen und die Fähigkeit, vor Menschen zu sprechen. Heute versucht die gläubige Christin andere Menschen mit ihrer Geschichte zu ermutigen, sich ebenfalls durch schwere Zeiten zu kämpfen. „Ich kann allen nur empfehlen, mit vertrauten Menschen zu sprechen. Es ist immer ein Fehler, alles mit sich selbst auszutragen.“ Neben der Gemeinde war der Sport für Yemisi stets Ausgleich, Antrieb und Leidenschaft. Fortschritte im Training stärkten ihr Selbstvertrauen. Dies zeige die Wichtigkeit von guter Jugendarbeit. „Der Sport lehrt uns die Disziplin und die Bereitschaft, sich für ein Ziel anzustrengen und die Zähne zusammenzubeißen. Durch den Sport entwickelt man sich nicht nur als Athlet, sondern vor allem auch als Mensch weiter.“