Marko Stamm: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

28 seiner 30 Lebensjahre hat Marko Stamm im Wasser verbracht, die meisten davon als Wasserballer. Ganz unschuldig sind seine Eltern daran nicht. Seine Mutter ist Schwimmtrainerin, sein Vater Hagen die deutsche Wasserballlegende schlechthin.


Mit verrückten Auftritten kennt sich Marko Stamm aus. Bei der Eröffnungsfeier zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking etwa lief er mit einem aufgeschnittenen Wasserball auf dem Kopf ins Stadion. Hemd aus der Hose, Camcorder in der Hand und anschließend hunderte Nachrichten auf dem Handy. Oder 2015, als er nur mit einer Badehose bekleidet in der Berliner S-Bahn Freikarten verteilte – bei fünf Grad. „Vielleicht bin ich ein bisschen bekloppt, weil ich in meinem Leben zu viel Chlorwasser geschluckt habe“, sagt Stamm und lacht.

"Ihn einzuholen wird schwer"

Natürlich ist das nicht ernst gemeint, aber ganz unschuldig sind seine Eltern daran nicht. 28 (!) seiner 30 Lebensjahre hat Marko Stamm im Wasser verbracht, bereits als Zweijähriger konnte er ohne Schwimmflügel schwimmen. Seine Mutter, eine Schwimmtrainerin, legte Wert darauf, dass der Sohn ein guter Schwimmer wurde. Und weil sein Vater Hagen die deutsche Wasserballlegende schlechthin ist, war Markos Weg ins Becken vorgezeichnet – selbst wenn er sich als Kind auch im Judo, Boxen, Fußball und Hockey probierte.

Weil das aber alles „am anderen Ende der Stadt“ war und diese Stadt Berlin heißt, entschied sich die Familie für das Naheliegende: das Schwimmbecken von Spandau 04. In der Jugend feierte Marko auf regionaler Ebene Erfolge im Schwimmen, doch magisch angezogen hat ihn einzig der Wasserball. „Nur Bahnen zu zählen, das war nicht das richtige für mich. Ich wollte eine Mannschaftssportart machen“, sagt Stamm. 

Heute lässt sich festhalten: eine gute Entscheidung. Marko ist Kapitän seines Vereins und der deutschen Nationalmannschaft, hat rund 230 Länderspiele auf dem Konto – knapp 100 weniger als Papa Hagen. „Ihn einzuholen wird schwer“, glaubt er. „Mir fehlen ja ein paar Olympia- und WM-Turniere.“ Was daran liegt, dass der Wasserball heute einen ganz anderen Stellenwert genießt als in den Achtzigern.

Damals: Olympia-Bronze 1984, WM-Bronze 1982, Europameistertitel 1981 und 1989, Live-Übertragungen im TV. Heute gilt schon die Qualifikation für die WM und ein Sieg über die Wasserball-Großmacht Ungarn als mittelschwere Sensation. Mit Hagen Stamm als Bundestrainer – nach 2000 bis 2012 zum zweiten Mal – und Marko als Kapitän will das Team nun nach Tokio. „Die Chancen dafür stehen nicht ganz schlecht. Sollten wir es diesmal aber wieder nicht schaffen, wird es auch für 2024 sehr eng“, schätzt der 30-Jährige.

Hagen Stamm gewann bei den Olympischen Spielen 1984 die Bronzemedaille, 1981 und 1989 wurde er Europameister, 1982 WM-Dritter. Insgesamt bestritt er 323 Länderspiele und warf über 750 Tore.

Solange „der Körper nicht auseinanderfällt“, will er auch dann noch Wasserball spielen. Die Karriere danach ist für den seit 2006 Sporthilfe-geförderten Athleten noch weit weg. Optionen gibt es genügend: Ein Einstieg ins Familienunternehmen – Vater Hagen führt einen Fahrradgroßhandel – ist genauso denkbar wie der Ausbau von Markos Trainertätigkeit. Seit kurzem trainiert er die Damen-Bundesligamannschaft von Spandau 04, bei der auch seine Freundin Belén Vosseberg spielt. Sie ist ebenfalls Sporthilfe-geförderte Nationalspielerin. „Wir können gut zwischen Sport und Privatem trennen. Am Beckenrand bin ich der Chef, zu Hause übernimmt sie wieder das Ruder“, kommentiert Marko ihr Verhältnis.

Auch hier hat der Sportsoldat das beste Vorbild vor der eigenen Nase: Als er mit 18 Jahren von seinem Vater für das Nationalteam nominiert wurde, gab es zunächst neidvolle Blicke und dumme Sprüche. „Das war für mich der Ansporn, noch härter zu trainieren und noch besser zu sein“, sagt Marko. Das Vertrauen hat er seinem Vater inzwischen doppelt und dreifach zurückgezahlt. Auch als Coach und Geschäftsmann will er ihm nacheifern. Den Grund dafür bringt er in Marko-Stamm-Art auf den Punkt: „Ich wäre ja schön blöd, würde ich das nicht tun.“ Das viele Chlorwasser in seinem Leben hat also auch gute Seiten.

(veröffentlicht am 15.April 2019)


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