„Was macht eigentlich… Michael Greis?“

Dreifach-Olympiasieger Michi Greis spricht im Sporthilfe-Interview über die Chancen der deutschen Biathletinnen und Biathleten bei den Winterspielen in Italien, seine persönlichen Olympia-Erinnerungen und die Bedeutung von Vorbildern im Sport.


Die Olympischen Winterspiele stehen vor der Tür. Du hast selbst drei olympische Goldmedaillen gewonnen. Wie schätzt Du die Medaillen-Chancen der deutschen Athletinnen und Athleten ein?

Wenn man sich die letzte Saison anschaut, haben wir mit Franziska Preuß eine Weltmeisterin und Gesamtweltcupsiegerin, die natürlich als absolute Top-Favoritin gilt. Mit Selina Grotian und Julia Tannheimer sind zudem junge Talente mit an Bord und mit Janina Hettich-Walz eine Rückkehrerin aus der Babypause. Im Damenbereich sieht es also vielversprechend aus. Bei den Männern haben wir eine sehr erfahrene Mannschaft, die sich letztes Jahr im Weltcup gut geschlagen hat. Entscheidend ist, wie die Mannschaft in die Saison reinkommt, ohne zu viel Druck aufzubauen.

Wie wirst Du die Olympischen Spiele Im Februar verfolgen?

Ich habe keine offizielle Aufgabe, aber werde das ein oder andere sicherlich im Fernsehen verfolgen und schauen, was der Wintersport so zu bieten hat.

Welches ist Deine „olympische Erinnerung“, an die Du heute noch besonders gerne zurückdenkst?

Olympische Spiele sind immer etwas ganz Besonderes. Bei meinen ersten Spielen in Salt Lake City 2002 hatte ich zwei Einsätze, im Sprint und in der Verfolgung, dadurch aber auch die Möglichkeit, mir andere Sportarten aus der Nähe anzuschauen. Die Spiele in Turin 2006 waren dann natürlich von meinem Gold-Triple bestimmt, dort war alles dem Sport untergeordnet. Und dann kam Vancouver 2010, das waren die Spiele der geplatzten Träume, da hat nichts funktioniert.

Alle drei Spiele haben mich auf verschiedene Art und Weise geprägt und zeigen die ganze Bandbreite eines Sportlerlebens.

Aktuell wird viel diskutiert, ob sich Deutschland wieder um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele bewerben soll. Wie stehst Du dazu?

Grundsätzlich finde ich es super, dass diesem sportlichen Großereignis wieder mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht wird. Denn das Leistungsprinzip ist das, was uns stark macht und ich würde mich freuen, wenn Kinder und Jugendliche wieder sportliche Idole haben, denen sie nacheifern können. Aber ich war auch ein bisschen verwundert, weil man so viele Jahre die Ausrichtung der Olympischen Spiele abgelehnt hat und sie jetzt auf einmal doch von der Mehrheit gewollt wird.

Du bist in diesem Jahr in die internationale Biathlon-„Hall of Fame“ aufgenommen worden. Was bedeutet Dir das?

Foto: picture alliance

Das ist eine schöne Anerkennung für meine lange Karriere und die Erfolge, die ich gefeiert habe. Diese Ruhmeshalle gibt es noch nicht so lange und das ist auch ein Zeichen dafür, dass sich der Biathlon-Sport immer weiterentwickelt. Ich wurde dort gemeinsam mit Martina Beck und Liv Grete Skjelbreid aufgenommen. In diesem ausgewählten Kreis dabei zu sein, ist eine sehr besondere Ehre für mich.

Inwiefern bist Du dem Biathlon heute noch verbunden?

Ich wohne in Ruhpolding und da wird man immer mit Biathlon konfrontiert. Gleichzeitig mache ich seit acht Jahren das Management und die Betreuung von Philipp Nawrath und unterstütze ihn, wo ich kann. Und natürlich habe ich noch genügend Freunde und Bekannte im Biathlon, sodass ich da immer noch sehr verbunden bin. Aber ich habe aktuell keine offizielle Aufgabe im Sport selbst.

Wie sieht Deine berufliche Situation aus?

Ich war zunächst als Biathlon-Trainer tätig, habe dann ein Duales Studium im Bereich Steuerrecht absolviert und dann auch einige Zeit in einer Steuerkanzlei gearbeitet, aber Ende letzten Jahres dort gekündigt. Aktuell befinde ich mich in einer Art „Sabbatical“. 2026 will ich dann wieder konkret schauen, in welche Richtung es mich verschlägt. Ob es dann eher in Richtung Sport oder Steuern zurückgeht, wird sich zeigen.

Du hast am „Sporthilfe Matchplan“, der Athleten nach ihrer aktiven sportlichen Karriere dabei unterstützt, ihre Fähigkeiten und Ziele zu identifizieren und potenzialgerecht zu nutzen, teilgenommen. Hat Dir dieses Format bei Deiner beruflichen Ausrichtung geholfen?

Besonders der Austausch mit Gleichgesinnten hat mich sehr weitergebracht. Es ist wichtig, erst einmal herauszufinden, was man wirklich gut kann. Denn die wenigsten setzen sich, abgesehen vom Sport, intensiv mit ihren anderen Talenten auseinander. Nach zwanzig Jahren im Leistungssport kann man nicht erwarten, in zwei Jahren alles Fachliche zu erlernen, was man für einen neuen Beruf braucht. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, einfach ins Tun zu kommen und mit voller Energie loszulegen. Aber dabei sollte man schon wissen, wohin die Reise gehen soll. Für mich stand immer wieder die Frage im Raum: Bleibe ich im Sport oder will ich doch etwas anderes machen? Die Welt ist schließlich doch ein bisschen größer, als man denkt – und ich bin ehrlich gesagt immer noch hin- und hergerissen (lacht).

Du wurdest zehn Jahre von der Sporthilfe gefördert und bist seit 2021 Mitglied im Sporthilfe Alumni-Club. Was bedeutet die Sporthilfe für Dich?

Im Wintersport haben wir das große Glück, durch zahlreiche Behördenstellen gut abgesichert zu sein. In vielen anderen Sportarten hingegen übernimmt die Sporthilfe eine essenzielle Rolle: Sie ermöglicht es Athletinnen und Athleten ein Studium zu absolvieren oder einen zweiten Bildungsweg einzuschlagen. So werden sie gezielt darin unterstützt, sich bestmöglich auf sportliche Großereignisse vorzubereiten und Deutschland würdig zu vertreten. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Sporthilfe extrem professionell entwickelt und versucht, ein „Rundum-Paket“ für die Athletinnen und Athleten zu schnüren, um den Leistungssport in Deutschland so attraktiv wie möglich zu machen. Das finde ich super und unterstütze das sehr gerne auch durch meine Alumni-Club-Mitgliedschaft.   

Veröffentlicht am 09.12.2025



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