Die Sporthilfe begleitet mit ihren Partnern paralympische Spitzensportler:innen seit Beginn der 1980er-Jahre. Anfangs mit einer Handvoll Athlet:innen gestartet, ist die Zahl der Geförderten heute auf über 280 aus 25 unterschiedlichen Sportarten angewachsen. Insbesondere auch in Richtung Gleichstellung von paralympischen und olympischen Athlet:innen wurden große Schritte vollzogen.
Es knallt, es kracht, es scheppert. Doch bestenfalls kollidiert hier nur Metall auf Metall. Denn Körperkontakt und Tacklings,
die die Gesundheit der Spieler:innen gefährden, sind verboten. Die Rede ist von Rollstuhlrugby, der einzigen Para-
Sportart, in der direkter Kontakt mit den Sportrollstühlen nicht nur erlaubt, sondern gar erwünscht ist.
Das ist unter anderem das, was Rollstuhlrugby so spektakulär macht. Es ist die Symbiose aus Schach und Autoscooter, die perfekte Mischung aus Taktik und Kollision,
schwärmt Nationalspieler Moritz Brückner von seiner Sportart. Gespielt wird in der Halle, vier gegen vier und in gemischten Teams, sprich Männer und Frauen gemeinsam.
In den vergangenen Jahren hat sich die Sportart zu einer der spektakulärsten Disziplinen der Paralympischen Spiele entwickelt – die in diesem Jahr in Paris erstmals seit 2008 wieder mit Beteiligung der deutschen Mannschaft stattfinden. Beim Qualifikationsturnier im März in Neuseeland sicherte sich das Team um Marco Herbst, Josco Wilke, Steffen Wecke und Britta Kripke den letzten der insgesamt acht Startplätze. „Was wir geschafft haben, ist mega. Es ist so eine Freude, die ich gar nicht in Worte fassen kann, einfach nur geil”, jubelte Kripke.
Als der Schlusspfiff kam, war das unfassbar. Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung. Ich glaube, ich realisiere das erst, wenn ich mit dem Team tatsächlich nach Paris fahre,
war auch Josco überwältigt.
Nach dem großen Erfolg werden die Rugbyspieler:innen auf dem weiteren Weg zu den Paralympics von der Sporthilfe begleitet. Sie reihen sich damit neben die rund 270 weiteren Para-Athlet:innen ein, die insgesamt von der Sporthilfe gefördert werden, aktuell mit einem Jahresbudget von über 2 Mio. Euro. Runtergebrochen auf jede:n Einzelne:n ist dies heute damit im Mittel exakt der Betrag, den sich alle Para-Athlet:innen 1982, dem ersten Jahr der Para-Förderung überhaupt, teilten: 7.400 Euro. Seitdem ging die Förderung stetig bergauf, Anfang der 1990er-Jahre betrug die Summe rund 177.000 Euro.
„Wir haben damals monatlich 200 DM erhalten“, erinnert sich Sitzvolleyballer Jürgen Schrapp, der 1994 im Alter von 19 Jahren in die Förderung aufgenommen worden war. „Gerade zu Beginn meiner Karriere war die Förderung für die finanzielle Stabilität während meiner Berufsausbildung sehr wichtig. Und natürlich war ich sehr stolz, zu diesem elitären Kreis geförderter Sportler zu gehören.“ In rund 30 Förderjahren hat Jürgen Schrapp die Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten hautnah mitbekommen.
Peu à peu wurde die Förderung zwischen olympischem und paralympischem Sport immer weiter angeglichen, was aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt ist.
erinnert sich Schrapp.
Und das nicht nur unter finanziellen Aspekten: 1992 war bereits der Sporthilfe-Sonderpreis für Para-Sportler:innen beim „Juniorsportler:in des Jahres“ ins Leben gerufen worden, es folgten klare Einladungskriterien für Sporthilfe-Veranstaltungen wie den Ball des Sports, das Sporthilfe Elite-Forum oder den Sporthilfe Club der Besten. 2014 wurden von der Sporthilfe zudem die Medaillenprämien bei Olympischen und Paralympischen Spielen auf dieselbe Höhe gebracht. Ein vorläufiger Höhepunkt der Gleichstellung erfolgte dann Anfang 2023 mit der Einführung der Para-Elite-Förderung, die von PwC Deutschland finanziert wird. Analog zu ihrem Pendant aus dem olympischen Bereich – der Mercedes-Benz Elite-Förderung – werden damit die Medaillenkandidat:innen für Paralympische Spiele und Weltmeisterschaften mit zusätzlich 400 Euro im Monat unterstützt. Aktuell profitieren 24 Athlet:innen aus acht paralympischen Sportarten von dem Programm. Einer von ihnen ist Triathlet Martin Schulz.
Zunächst als Schwimmer von der Sporthilfe gefördert, ist diese für ihn schon immer eine „große Stütze“. Und mit der Aufstockung durch die Para-Elite-Förderung stellt sie einen „finanziell beruhigenden Puffer“ dar, der es ihm einfacher mache, etwa flexibel auf unerwartete Kosten reagieren zu können, ohne auf Ersparnisse zurückgreifen zu müssen. Schließlich sei der Triathlon auf Spitzenniveau ein kostspieliger Sport, der sich auch mit großen Erfolgen kaum refinanzieren lässt. Und von denen hat der Leipziger beeindruckend viele vorzuweisen, mehrfach Gold und Silber bei Weltmeisterschaften sowie Paralympisches Gold 2016 und 2021. Was ihn dennoch weiter antreibt?
Ich werde nicht müde an Erfolgen,
sagt er. Da der Triathlon drei Sportarten vereint, gäbe es immer eine Möglichkeit, „noch an weiteren Schräubchen zu drehen und sich zu verbessern.“
Während die Erwartungshaltung für Paris von außen vor allem das Triple sei, wünscht sich Schulz, bei einem guten Rennen auch für den zweiten oder dritten Platz entsprechend gewürdigt zu werden. Zu großen Druck macht er sich selbst nicht: „Ich habe den psychologischen Vorteil, dass ich es nur noch mir selbst beweisen muss“, sagt er. Und sollte das dann tatsächlich in Paris für das dritte Paralympics-Gold in Folge reichen, „kann ich mich im Triathlon unsterblich machen und mir in meinem Sport ein kleines Denkmal setzen.“
Auch das Rollstuhlrugby-Team wird in Paris alles geben, ebenso wie die Sitzvolleyballer um Jürgen Schrapp. „Sportlich ist unser erklärtes Ziel ganz klar Edelmetall, dafür arbeitet das Team sehr hart.“ Zusätzlich sei es großartig, nach den Spielen in Tokio wieder Zuschauer:innen in der Halle zu haben. „Und das direkt vor unserer Haustür in Frankreich, so dass auch für die Familien und Freunde die Chance besteht, uns anzufeuern“, freut sich Schrapp auf eine besondere Atmosphäre in Paris. Es werden seine – sage und schreibe – siebten Paralympischen Spiele sein. Mit ungebrochener Motivation:
Medial haben die Paralympics in den letzten Jahren immer mehr Zuspruch erfahren und das wird sich sicher auch in Paris fortsetzen. Damit können wir der Welt noch mehr zeigen, was Menschen auch mit Behinderung leisten können.
Erschienen im Sporthilfe Magazin