Mit der Frauen-Nationalmannschaft wurde Annike Krahn Weltmeisterin, Europameisterin und Olympiasiegerin. Im Mai 2017 hat sie sich vom Profifußball verabschiedet, ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Im Interview spricht sie über neue Herausforderungen, den Austausch mit anderen Sportarten und die Unterstützung durch die Deutsche Sporthilfe.
Annike, Du hast Deine Fußballerinnen-Karriere beendet, wie geht es jetzt für Dich weiter?
Ich habe vor mittlerweile drei Jahren begonnen, im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund zu arbeiten. Zuerst waren es nur ein paar Stunden in der Woche, inzwischen bin ich auf eine halbe Stelle gewechselt. Aktuell bin ich dort in den Bereichen Veranstaltungsorganisation und Gästebetreuung tätig. Wo die Reise genau hingeht, werde ich noch sehen.
Wie hast Du Dich auf den Übergang in diesen neuen Lebensabschnitt vorbereitet?
Schon während meiner Aktiven-Zeit habe ich an der Uni Bochum ein ganz normales Präsenzstudium der Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Sportmanagement absolviert. Damit habe ich den Grundstein für die Karriere nach der Karriere gelegt. Zusätzlich habe ich einige Weiterbildungsangebote genutzt, viele davon organisiert von der Deutschen Sporthilfe.
In Kooperation mit dem DFB fördert die Deutsche Sporthilfe unter anderem durch finanzielle Unterstützung den Frauenfußball in Deutschland. Wie hat Dich die Arbeit der Sporthilfe während Deiner Karriere begleitet?
Viele Leute sind erst einmal überrascht, dass wir als Fußballerinnen überhaupt Teil der Sporthilfe-Förderung sind. Aber wir haben natürlich nicht den gleichen Background wie unsere männlichen Kollegen. Ich bin sehr dankbar, dass ich da nicht nur finanziell, sondern vor allem auch inhaltlich während meiner Karriere unterstützt wurde.
Würdest Du jungen Fußballerinnen raten, sich über solche Angebote möglichst früh auf die Zeit nach dem Karriereende vorzubereiten?
Ich würde es schon empfehlen, es ist aber neben terminlichen Zwängen auch immer eine Typfrage. Ich habe bei den Veranstaltungen jedenfalls immer viel mitgenommen. Ich fand es immer gut, andere Sportler und ihre Herangehensweise an das Thema „Duale Karriere“ kennenzulernen. Außerdem kann die Sportkarriere schneller vorbei sein, als man denkt und daher sollte man sich frühzeitig ein zweites Standbein aufbauen.
Was bedeutet inhaltliche Unterstützung konkret?
Ich habe zum Beispiel beim sogenannten Sporthilfe-„Eliteforum“ teilgenommen, einer Veranstaltung, die von PwC unterstützt wird, und bei der Leistungssportler auf Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien treffen. Das hat mir sehr geholfen, um den eigenen Horizont zu erweitern, Kontakte zu knüpfen und andere Sichtweisen kennenzulernen. Außerdem war ich bei einem Bewerbertraining, das die Sporthilfe gemeinsam mit der Deutschen Telekom angeboten hat. Das war für mich hochinteressant, weil ich ehrlich gesagt mit 31 Jahren noch nie eine richtige Bewerbung schreiben musste. Zudem war es speziell auf die besonderen Lebensumstände von Leistungssportlern ausgerichtet. Im Mentoringprogramm gab es wichtige Austauschmöglichkeiten mit meinem Mentor.
Du warst 2016 auch beim „Champion des Jahres“, einer Eventwoche für die erfolgreichsten deutschen Spitzenathleten eines Jahres. Was war das für eine Erfahrung?
Ich habe viele neidische Nachrichten bekommen, weil etliche meiner Fußball-Kolleginnen aus zeitlichen Gründen nie daran teilnehmen können. Es herrscht ein bisschen eine Atmosphäre wie im Olympischen Dorf. Zwar nationaler, aber dafür auch intensiver. Es war eine super Gelegenheit, um mit anderen Sportarten in Kontakt zu kommen, Sport zu treiben und viel Spaß zu haben.
Was können Fußballer und Fußballerinnen im Austausch mit Athleten anderer Sportarten lernen?
Ich glaube, man kann im Sport generell viel von anderen Sportarten lernen. Im Fußball geht es uns im Verhältnis zu anderen Sportarten noch relativ gut. Ich habe aber höchsten Respekt vor jedem Individualsportler. Vor einem Schwimmer beispielsweise, der ein immenses Trainingspensum mit einem Vollzeit-Studium kombiniert. Im Vorfeld von Olympia hatten wir das Glück, eine Trainingseinheit mit den Hockey-Damen absolvieren zu können. Das fand ich eine totale Bereicherung. Da ist auch die Disziplin egal, denn Sport verbindet einfach.
Nach dem Gewinn von Welt- und Europameisterschaft hast Du bei Olympia mit der Goldmedaille Deine eindrucksvolle Titelsammlung komplettiert. War es deshalb ein besonderer Triumph für Dich?
Ich mache da eigentlich kein Ranking, jeder Titel steht für sich selbst. Aber klar: Olympia ist sicher ein besonderes Turnier, auch hier wieder weil man im Olympischen Dorf mit anderen Sportarten im Kontakt steht. Es ist einfach das Sportereignis weltweit.
Dazu kam es aber erst durch den Einzug ins Finale, vorher wart ihr schließlich in ganz Brasilien unterwegs. Wie wichtig war der Mannschaft dieses Erlebnis?
Wenn man bei den Olympischen Spielen ist, will man ins Olympische Dorf und olympische Atmosphäre schnuppern. Deshalb waren wir natürlich umso euphorischer, als wir wussten, dass es tatsächlich klappt. Es wäre brutal gewesen, wenn wir es gar nicht erst nach Rio geschafft hätten. Da ist man zwar Olympionike, bekommt aber vom eigentlichen Olympia gar nichts mit. Umso motivierter waren wir für unseren Traum vom Gold. Und das hat glücklicherweise auch geklappt.
(Das Interview wurde am 5. Juni 2017 veröffentlicht)
Geboren: 1. Juli 1985
Sportart: Fußball
Vereine: FCR 2001 Duisburg, Paris Saint-Germain, Bayer 04 Leverkusen
Größte Erfolge:
Sporthilfe-gefördert von 2002 bis 2016