Doppelte Bereicherung: Mentorenprogramm als wechselseitige Inspiration

Für eine Leistungssportkarriere in Sportarten, die Profitum zwar abverlangen, aber in Bezug auf die finanzielle Versorgung der Aktiven nicht bieten können, ist für die Athletinnen und Athleten Hilfestellung für die „Karriere nach der Karriere“ wichtig. Die Sporthilfe bietet diese Unterstützung seit 2013 gemeinsam mit der Werte-Stiftung durch ein Mentorenprogramm, das Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik oder Sport als Sparringspartner für die individuellen Bedürfnisse und Pläne der Aktiven vermittelt.


Hannes Ocik & Dirk Huefnagels

Dieses Mentorenprogramm dient in erster Linie dazu, den Sportlerinnen und Sportlern bereits während der Spitzensportkarriere eine Brücke in den späteren Berufseinstieg zu bauen, aber „es ist auch für mich als Mentor eine persönlich sehr bereichernde Erfahrung“, sagt Dirk Huefnagels. Der Head of Marketing bei der HypoVereinsbank steht dem Mentorenprogramm schon seit mehreren Jahren zur Verfügung. Hannes Ocik, ehemaliger Schlagmann des deutschen Ruder-Achters, ist inzwischen Huefnagels dritter Mentee.

„Jeder Sportler hat seine eigene Geschichte“, so Huefnagels. „Man merkt schnell, ob der Mentee nur erwartet, dass man ihm einen Job besorgt. 

Durch die Wertschätzung, die man erfährt, entsteht eine sehr besondere Verbindung. 

Man fängt an, extrem emotional mitzufiebern, wenn es zum Beispiel bei der Olympia-Qualifikationen darum geht, ob derjenige nochmal auf der ganz großen Bühne dabei sein kann.“

„Das ist natürlich auch immer eine Entwicklung“, ergänzt Hannes Ocik, dreifacher Weltmeister und zweifacher Olympia-Silbermedaillengewinner mit dem Deutschlandachter. „Ich bin mit Dirk seit 2019 durch das Programm in Verbindung. Wir waren von Anfang an regelmäßig im Austausch und ich habe früh mitbekommen, wie sportinteressiert er ist.”

Ein perfektes Matching: Hannes Ocik und Dirk Huefnagels (Foto Hannes Ocik: picture alliance)

Intensiver wurde es zwischen beiden 2022, als Hannes nach München umzog, wo er seitdem wohnt und arbeitet, und insbesondere ab 2024, als es seinem Karriereende entgegenging. Das persönliche Verhältnis wurde immer enger. „Ich habe es sehr wertgeschätzt, Dirk bei unterschiedlichen Entscheidungen um Rat fragen und sein Netzwerk anzapfen zu dürfen.“ Der Sportmanagement-Student Ocik profitierte unter anderem durch Praktika ganz direkt von der Mentor-Mentee-Verbindung, hat aktuell sogar die Chance, von der HypoVereinsbank übernommen zu werden.


Sarah Brüßler & Patricia Seeliger

Solch konkrete Unterstützung, wie direkt ein Jobangebot zu machen oder zu vermitteln, könne sie gar nicht bieten, sagt Patricia Seeliger, die zurzeit ihren ersten Mentee für die Sporthilfe betreut. Die ehemalige Leiterin der Führungskräfte- und Personalentwicklung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist mit der Werte-Stiftung und der Sporthilfe schon länger verbunden, weil sie unter anderem geholfen hat, den Coachingpool für die Angebote im Persönlichkeitscoaching aufzubauen und zu pflegen.

Jetzt ist Sarah Brüßler, Silbermedaillengewinnerin im Vierer-Kajak von Paris, ihre erste Mentee. Quasi mit der Qualifikation für die Spiele 2024 begann die Partnerschaft, die der studierten Sportpsychologin helfen soll, eventuell auch außerhalb des Sports einen Job zu finden. „Ich habe in dem Bereich keinerlei Erfahrung und bin total dankbar, mit Patricia jemanden an der Seite zu haben, die hier Ahnung hat, mir Vorstellungen von Bewerbungsverhalten oder zu Gehaltvorstellungen vermittelt“, so Brüßler.

Sarah Brüßler mit ihrer Mentorin Patricia Seeliger

„Für mich ist das der Reality Check gewesen, als ich gemerkt habe, dass ich bei Bewerbungen nie eine Runde weiterkam. 

Alle sagen dir immer, dass du als Leistungssportlerin mit den dadurch ausgeprägten besonderen Skills die ideale Kandidatin für Unternehmen bist, aber das hat sich für mich nicht bewahrheitet.“

Patricia Seeligers Hilfe fühlte sich für das Kajak-Ass auch deshalb so gut an, weil es nicht jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis war, der diese Unterstützung bot. „Der Rat aus der Familie kommt stark interessengetrieben und emotional“, weiß auch ihre Mentorin. „Ich kann mit meiner Erfahrung aus fast 30 Jahren Berufsleben im HR-Bereich eine unterschiedliche Sichtweise bieten. Aber auch für mich war es spannend zu sehen, dass sich dieses Mentoring von dem unterscheidet, was ich vorher kannte.“

Spitzensportlerinnen und -sportler seien von sich aus sehr leistungsbereit, orientierten sich nahezu automatisch an hohen Zielen, zeigten hohes Engagement, so Seeliger. „Aber sie haben halt nicht die Zeit wie andere Bewerberinnen und Bewerber auf Veranstaltungen zu netzwerken oder sich unterschiedliche Praktika zu verschaffen. Sie investieren ihre Zeit in den Sport. Es ist für sie einfach viel wichtiger, für Deutschland Medaillen zu holen. Da liegt der riesige Unterschied zu den Mentoringprogrammen, die ich bisher kannte.“

„Patricia hat mir vor allem damit geholfen, nach dem sehr einschneidenden Karriereende im Sport zu verstehen, wie jetzt der Beruf in das Leben passt, das man sich über so viele Jahre aufgebaut und gestaltet hat. Die Unterstützung bei der gesamtheitlichen Betrachtung war für mich sehr wichtig. Diese Hilfestellung war tatsächlich nicht in der gesamten Zeit nötig, man braucht nicht die dauerhafte Betreuung durch eine Mentorin. Aber es gibt eben diese Phasen, in denen das so extrem hilfreich sein kann.“


In Kooperation mit der Werte-Stiftung hat die Sporthilfe seit 2013 ein Mentorenprogramm aufgebaut, bei dem Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik oder Sport über mehrere Jahre als Sparringspartner und „Türöffner“ für geförderte Spitzenathletinnen und -athleten fungieren. Die Führungskräfte beraten und unterstützen bei der Berufswahl, beim Sammeln von Praxiserfahrung und beim Berufseinstieg.

Ein Matching zwischen den Athletinnen und Athleten sowie den Persönlichkeiten aus der Wirtschaft wird durch die Sporthilfe und die Werte-Stiftung koordiniert. Unterstützt wird das Mentorenprogramm von der DZ BANK AG, die als "Partner des Mentorenprogramms" die Organisation und Durchführung von zentralen Maßnahmen für alle Mentees sowie die direkten Treffen zwischen den Mentorinnen bzw. Mentoren und den Mentees ermöglicht. 


 

Erschienen im Sporthilfe Magazin

Zur Ausgabe 01.2025


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