„Sportlerin und zweifache alleinerziehende Mutter zu sein, war sehr schwierig – die Akzeptanz war Anfang der 1990er Jahre schlichtweg nicht da. Sportlerinnen, die Mütter werden wollen, müssten eigentlich frühzeitig aufhören, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Wir dürfen diese Frauen nicht für den Leistungssport verlieren“, sagt Birgit Fischer, die erfolgreichste deutsche Olympionikin aller Zeiten, im Sporthilfe-Talk im Rahmen der European Championships in München.
Die achtmalige Kanu-Olympiasiegerin und zweifache Mutter diskutierte gemeinsam mit der Paralympicssiegerin im Para-Kanu Edina Müller und Moderatorin Maren Schiller auf dem Central Roof im Olympiapark unter anderem über Mütter im Leistungssportler. Die 39-jährige Müller hat selbst einen kleinen Sohn und kritisiert die fehlenden Rahmendbedingungen für junge Eltern im deutschen Spitzensport. „Als ich bekanntgegeben habe, dass ich schwanger bin, flog ich aus allen Kadern raus und stand ohne finanzielle Förderung da. Wenn ich nicht die Unterstützung der Sporthilfe gehabt hätte, hätte ich nach der Geburt meines Sohnes meine Karriere nicht weiterverfolgen können.“ Allein im Jahr 2021 habe sie etwa 10.000 Euro aufwenden müssen, um die Kinderbetreuung während ihrer Wettkampf- und Trainingsreisen zu gewährleisten.
Ihren Alltag als Leistungssportlerin, Mutter und Sporttherapeutin macht Müller auch über ihre Social-Media-Kanäle sichtbar. „Mütter im Leistungssport hatten in den letzten zwei Jahren einen großen Drive und bekamen viel Medienaufmerksamkeit, um auch ein paar Missstände aufzudecken. „Es geht um Förderung, es geht um die Frage, wie kann ich meinen Sport mit Kind weitermachen – da muss es einfach Rahmenbedingungen geben, das zu ermöglichen.“ Fischer hingegen zeigt sich froh darüber, „dass es Social Media zu meiner aktiven Zeit noch nicht gab. Für mich wäre Instagram damals ein Fluch gewesen. Mit den zwei Kindern, Social Media, Studium und Sport – das wäre alles viel zu viel gewesen.“ Sie habe es zudem immer genossen, „eher inkognito unterwegs gewesen zu sein“.
Ihre Karriere beendete Fischer, die 1980 in Moskau mit 18 Jahren ihre erste und 2004 in Athen mit 42 Jahren ihre letzte olympische Goldmedaille gewann, im Jahr 2005. Sie fühlt sich „immer noch wie mittendrin“ und sagt: „Was die sportliche Seite anbelangt, würde ich heute noch Wettkämpfe paddeln.“ Im Vergleich zu ihrer Zeit sei vor allem das Krafttraining im Kanurennsport intensiviert worden: „Heute sind die Sportlerinnen sehr viel athletischer, dagegen waren wir damals ein bisschen wie Hausfrauen. Dadurch wirkt der ganze Sport heute viel ästhetischer“.
Im Rahmen der European Championships lädt die Deutsche Sporthilfe an sechs Terminen zum Generationentalk unter Spitzensportler:innen. Die Gesprächsteilnehmer:innen der Publikumstalks stammen allesamt aus den bei dem Multisport-Event vertretenen Sportarten. Der nächste und letzte Termin auf dem Central Roof im Olympiapark findet am Sonntag, 21 August 2022, um 17 Uhr statt mit den Olympiasieger:innen von 1972 Ulrike Nasse-Meyfarth (Hochsprung) und Klaus Wolfermann (Speerwurf) sowie der Tokio-Olympiateilnehmerin im Weitsprung Maryse Luzolo.
Die Deutsche Sporthilfe ist zudem mit einem Stand auf dem „The Roof“-Festival der European Championships vertreten – zu finden ist die Stiftung im „Partner Roof“ zwischen Olympiastadion und Olympiahalle. Dort erfahren Interessierte alles über die Förderung durch die Sporthilfe, können auf aktive Athlet:innen treffen und sich selbst sportlich ausprobieren.