Malte Jakschik: „Der zweite Platz wäre eine Enttäuschung“

Als Mitglied des legendären Deutschland-Achters ist Ruderer Malte Jakschik durchaus erfolgsverwöhnt – mit dem Paradeboot des Deutschen Ruderverbands will er in diesem Jahr die 2017 gewonnenen EM- und WM-Titel verteidigen. Zusätzlich zum Spitzensport studiert der 24-Jährige Maschinenbau an der Ruhr-Universität in Bochum. Vergangenes Jahr schrieb er in der unmittelbaren WM-Vorbereitung parallel seine Bachelorarbeit und begann anschließend mit dem Masterstudium.


Malte, Du bist im Finale bei der Wahl zum Sport-Stipendiat des Jahres, was bedeutet das für Dich?

Für mich ist das richtig cool. Die Auszeichnung ist eine große Wertschätzung für mich und für das, was wir – und mit „wir“ meine ich alle Athleten, die parallel zum Spitzensport studieren – tagtäglich leisten.

Der Deutschland-Achter nach seinem WM-Sieg 2017 in Sarasota (USA). (Bild: picture alliance)

Wie sieht dieser Alltag aus?

In der Regel trainieren wir um 7:00 Uhr oder 7:30 Uhr morgens in Dortmund, um 10 Uhr geht’s dann an der Uni in Bochum weiter, in Kursen oder in der Bibliothek, bis es nachmittags wieder zum Training geht. Abends arbeite ich dann zuhause das nach, was ich vielleicht wegen des Trainings verpasst habe oder bereite falls notwendig Studieninhalte für den nächsten Tag vor. Das ist der „Alltag“.

Noch sehr viel mehr selbst erarbeiten, organisieren und nachholen muss ich natürlich, wenn ich längere Zeit wegen Trainingslagern oder Wettkämpfen fehle. Das bedeutet immer viel Organisation, man muss sich frühzeitig um alternative Prüfungstermine bemühen.

Ich habe auch schon Extra-Klausuren im Dozentenzimmer geschrieben und mündliche Prüfungen rund um die WM gelegt.

Haben die Dozenten an Deiner Universität Verständnis für Deinen Leistungssport?

Die Ruhr-Universität ist da als Partnerhochschule des Spitzensports sehr entgegenkommend. Durch den Sport gibt es oft Terminkonflikte mit Pflichtveranstaltungen oder Klausurterminen. Bisher konnte aber immer eine Lösung gefunden werden, sodass die Kombination aus Studium und Leistungssport gut funktioniert.

Mit der Abgabe Deiner Bachelorarbeit hast Du im vergangenen Jahr eine deutlich messbare Leistung abgeliefert. War das nochmals eine besondere Hürde?

Anfangs dachte ich, das bekomme ich gut hin. Wichtig war, ein Thema zu finden, welches mich zum einen interessiert, aber auch zum anderen eines ist, an dem ich arbeiten kann, wenn wir mit dem Team unterwegs sind. So habe ich – außerhalb eines Labors – ein mobiles Messsystem inklusive einer App entwickelt, das das Lauftraining optimieren, also den Fußaufsatz beim Joggen kontrollieren soll. Dafür musste ich mich in mir bis dato unbekannte Programmierthemen einarbeiten. Das war herausfordernd, aber auch interessant.

Die größte Hürde war aber, dass mein Abgabetermin für den Tag nach dem WM-Finale in den USA angesetzt war. Durch die Zeitverschiebung und den Rückreisetag hat das dann nicht wirklich in die Zeitplanung gepasst. Ich musste also noch vor der Abreise die Arbeit abgeben. Gleichzeitig wollte ich aber auch im Training kein bisschen nachlassen, um unsere Siegesserie nicht bei der WM abreißen zu lassen. Also habe ich in der Vorbereitungszeit eigentlich nur noch trainiert und in den Pausen an meiner Arbeit gesessen.

Hast Du Dir in der Zeit gewünscht, Dich nur auf eines von beiden konzentrieren zu können?

Natürlich ist beides parallel anstrengend, aber auch ein guter Ausgleich. Wenn es auf einem Gebiet mal nicht so gut läuft, kann man mit dem anderen den Kopf wieder frei bekommen. Vor Rio habe ich ein Urlaubssemester eingelegt und mich nur auf den Sport konzentriert – und war danach froh, dass es wieder mit der Uni weiterging. Ich will mich nicht nur über den Sport definieren. Beides parallel ist zwar stressiger, aber es tut auch beiden Bereichen gut. Nach Abgabe der Bachelorarbeit war ich sehr erleichtert und konnte mich dann noch einmal mehr auf die WM freuen.

Malte Jakschik bei der offiziellen Präsentation des Deutschland-Achters 2018 (Bild: picture alliance).

Die letztjährige WM ist ja dann auch mit dem Gewinn der Goldmedaille ausgesprochen erfolgreich verlaufen. Jetzt stehen demnächst die Europa-, dann die Weltmeisterschaften an. Der Deutschland-Achter hat klar das Ziel Titelverteidigung ausgegeben. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass der zweite Platz eine Enttäuschung wäre?

Ja, denn wir wollen wieder Weltmeister werden. Wir sind im vergangenen Jahr ungeschlagen geblieben, haben uns über den Winter alle individuell weiter verbessert, auch die aktuelle Saison lief bislang sehr erfolgreich. Da kann nur Platz 1 das Ziel sein. Sollte es dennoch am Ende nicht dafür reichen, weil die anderen besser sind und wir uns nach dem Rennen nichts vorzuwerfen haben, dann wäre das auch in Ordnung – zumindest mit ein wenig Abstand. Ich freue mich auf jeden Fall auf die kommenden Wettkämpfe, auf den Bord-an-Bord-Kampf. Rennen fahren macht mir einfach am meisten Spaß, auch wenn das richtig weh tut.

Teamwork: Im Achter braucht es eine sehr feine Abstimmung und Synchronisation um schnell durch das Wasser zu gleiten. Dazu braucht es tagtägliches, intensives Training (Bild: Detlev Seyb).

Was macht die Faszination Deutschland-Achter aus?

Ich finde es toll, etwas im Team zu erarbeiten, sich gemeinsam zu pushen, gemeinsam zu gewinnen. Je größer das Team, umso besser. Im Achter braucht man eine sehr feine Abstimmung und Synchronisation. Wenn man dann eine hohe Geschwindigkeit hinbekommt, übers Wasser gleitet, ist das ein cooles Gefühl, die maximale Beschleunigung …

… mit großer Geschwindigkeit geht es fast auch schon wieder in Richtung Olympische Spiele 2020. Holst Du dann mit einem fertigen Masterstudium in der Tasche Olympiagold?

Das ist zumindest der Plan. (lacht) Im Ernst, ich werde versuchen, dass ich vorher den Master fertig bekomme. Und alles dafür geben, dass ich weiterhin im Deutschland-Achter sitze und wir um den Olympiasieg kämpfen. Beides ist keine Selbstverständlichkeit. Allein die Qualifikation zu Beginn der Saison, um überhaupt einen Platz im Achter zu bekommen, ist keine geringe Hürde. Und dann als Team so zu harmonieren, damit man um Gold fahren kann, erfordert tagtägliches, intensives Training.

Auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Was bedeuten für Dich die Förderung durch die Deutsche Sporthilfe und das Deutsche Bank Sport-Stipendium?

Ich bekomme die Unterstützung schon seit einigen Jahren und sie erleichtert mir Vieles. Ich bezahle davon meine Miete, mein Essen oder die Fahrtkosten beispielsweise von Dortmund zur Uni nach Bochum. Für mich ist es elementar, dass es insbesondere das Deutsche Bank Sport-Stipendium gibt, weil es einem eine gewisse Planungssicherheit für das Studium gibt, zumal es ja vor einigen Jahren von 300 auf 400 Euro aufgestockt wurde. Das hat mich damals sehr gefreut und ich bin sehr dankbar dafür.


Steckbrief Malte Jakschik

Geburtstag 3. August 1993 in Bonn    
Sportart Rudern    
Disziplin Deutschland-Achter    
Wohnort Dortmund    
Verein RV Rauxel    
Größte Erfolge (jeweils im Achter) Olympia-Zweiter 2016
Weltmeister 2017
   
Studium Maschinenbau    
Universität Ruhr-Universität Bochum    


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