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Ju-Jutsu-Kämpfer Simon Attenberger: "Studium und Leistungssport parallel war für mich alternativlos"

Simon wurde 2021 zunächst Deutscher Meister, dann EM-Dritter und anschließend im November Weltmeister in der Kampfsportart Ju-Jutsu – und das trotz einer Sprunggelenksverletzung in der Vorbereitung auf die Saison. Zuletzt schloss der 24-Jährige, der in Erlangen-Nürnberg Mathematik und Physik auf Lehramt studiert, das wichtige „physikalische Praktikum für Fortgeschrittene“ ab. Diese fordernde Zeit fiel in Simons unmittelbare Vorbereitungsphase auf die Weltmeisterschaft. Jetzt steht Simon zur Wahl bei der Auszeichnung "Sport-Stipendiat:in des Jahres" von Deutscher Sporthilfe und Deutscher Bank.


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Simon, unter Rudern kann sich jeder etwas vorstellen, unter Turnen, Schwimmen oder Skifahren auch. Wie erklärst Du Fachfremden Deine Sportart Ju-Jutsu?

Wir schlagen, wir greifen, wir werfen, dürfen dabei den Gegner treffen, aber natürlich nicht verletzen. Im Grunde ist es eine Mischung aus Karate und Judo. Die ursprüngliche „Muttersportart“ Jiu-Jitsu wurde von japanischen Samurai praktiziert. Daraus entwickelten sich verschiedene Sportarten, die spezialisiert waren auf Techniken wie Schlagen und Treten bei Karate oder Greifen und Werfen bei Judo. In Europa wurden diese Sportarten irgendwann wieder zusammengesetzt und daraus eine Selbstverteidigungs- und Wettkampfsportart entwickelt.

Was macht für Dich dabei den Reiz aus?

Es ist vor allem die Vielfalt aus Elementen verschiedener Kampfsportarten. Die erlaubten Techniken eröffnen ein deutlich weiteres Feld an Möglichkeiten, das macht es sehr komplex, aber auch faszinierend.

Man muss ein Allrounder sein, sich überall auskennen und in manchen Bereichen spezialisieren, um dort dann seine Punkte zu machen.

Ju-Jutsu vereint verschiedene Techniken aus Judo und Karate - für Simon ist es besonders diese Vielfalt, die den Reiz an der Sportart ausmacht und den 24-Jährigen fasziniert. (Foto: Deutsche Bank)

Du stammst aus einer Ju-Jutsu-Familie – gab es für Dich jemals eine ernsthafte Alternative im Leistungssportbereich?

Mein Bruder hat damit angefangen, danach habe ich es auch ausprobiert und Spaß daran gefunden. Auch meine Schwester war als Ju-Jutsu-Kämpferin erfolgreich, wurde auch von der Deutschen Sporthilfe gefördert. Natürlich habe ich als Junge auch mal Fußball gespielt und andere Sportarten ausprobiert, aber ernsthafte Alternativen gab es keine.

Schaust Du manchmal neidisch auf die Vertreter:innen anderer Kampfsportarten, die mehr Aufmerksamkeit bekommen?

Auf jeden Fall.

Mir geht’s aber weniger um die Aufmerksamkeit als um die Förderung, die in einer olympischen Sportart wie Judo wesentlich besser ist.

Olympiastützpunkte etwa gibt es bei uns nicht, da sind wir deutlich mehr auf uns selbst gestellt. Aber das IOC mischt bei olympischen Sportarten auch im Regelwerk mit, hat zum Beispiel Judo-Techniken gestrichen, um den Sport zuschauerfreundlicher zu machen. Gleichzeitig macht es dann allerdings auch weniger Spaß, selbst zu kämpfen.

Du studierst Mathe und Physik auf Lehramt – wieso ist es Dir wichtig, schon während der aktiven Laufbahn auch Deine berufliche Karriere im Blick zu haben?

Das Studium erst nach der Leistungssportkarriere voranzutreiben, kam für mich nie in Frage. Von Ju-Jutsu allein kann man nicht leben, deswegen war das auch immer ein „Hobby“. Schule und Studium geht vor, aber das Hobby Leistungssport wollte ich nicht aufgeben.

Welche Skills aus Deinem Studentenalltag helfen Dir beim Sport und umgekehrt?

Aus dem Sport auf jeden Fall die Stressbewältigung. Mit Prüfungsstress kann ich recht gut umgehen,

man lernt im Sport sehr schnell, dass man nach gutem und intensivem Training nicht aufgeregt sein muss, um erfolgreich zu sein.

Andersrum habe ich im Studium viel über wissenschaftlich-strukturiertes Arbeiten gelernt. Mein Trainer ist auch Physiker und hat viel mit mir gearbeitet. Wenn ich etwa im Krafttraining etwas Neues ausprobieren will, dann mache ich vorher Pläne, teste diese und hinterfrage sie bei Misserfolg.

Beim Sport scheint sich das mehr und mehr auszuwirken, 2021 gewannst Du erst Bronze bei der EM und danach Gold bei der WM. Wie ordnest Du diesen riesigen Erfolg ein?

Für den Deutschen Ju-Jutsu-Verband war es mit mehreren Medaillen die erfolgreichste WM aller Zeiten. Für mich persönlich war es natürlich ein super Ergebnis. Reingegangen bin ich in den Wettkampftag mit dem Ziel, auf jeden Fall ins Finale zu kommen. Das war im Rahmen des Möglichen und an diesem Tag hatte ich auch das nötige Glück – es hat alles gepasst.

Du wirst von der Deutschen Sporthilfe gefördert und bekommst auch das das Deutsche Bank Sport-Stipendium. Was bedeutet Dir diese Unterstützung?

Für mich ist das enorm wichtig. Neben Studium und Sport bleibt sehr wenig Zeit zu arbeiten, deshalb brauche ich anderweitige Unterstützung. Sponsoren interessieren sich leider selten für Randsportarten, die man ihnen erst einmal erklären muss. Deswegen ist die Deutsche Sporthilfe für mich sehr wichtig, als einziges Förderprogramm, über das ich unterstützt werde.

Wie lange willst Du noch auf diesem hohen Niveau weitermachen?

Ich bin für einen Kampfsportler noch recht jung. Es hängt sehr stark davon ab, wie die nächsten Jahre laufen, ich habe mir kein Ziel gesetzt. In der Uni bin ich im vierten Semester und habe ja noch ein paar Semester mitsamt Staatsexamen vor mir.

In seinem Studium lernt der Ju-Jutsu-Kämpfer nicht nur wichtige Skills für den Studienalltag, sondern nutzt diese auch, um sich im Sport weiterzuentwickeln. Auch der Sport trägt bei Simon dazu bei, das Studium erfolgreich zu bewältigen, zum Beispiel im Umgang mit Stress während wichtiger Prüfungsphasen. (Foto: Deutsche Bank)

(Veröffentlicht am 27.06.2022)


Foto: Deutsche Bank

Steckbrief Simon Attenberger

 
Geburtstag: 5. September 1998 in Burghausen
 
Sportart: Ju-Jutsu
 
Wohnort: Uttenreuth/Bayern
 
Verein: SV Gendorf Burgkirchen
 
Größte Erfolge: Weltmeister 2021, WM-Dritter 2019, EM-Dritter 2021 und 2019
 
Studium: Mathematik und Physik auf Lehramt
 
Universität: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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